Todesurteile und Hinrichtung
von Maximilian Liebmann
Am 11. August 1944 hat der 5. Senat des Volksgerichtshofs unter Vorsitz von Dr. Albrecht die Todesurteile verkündet:
„Die Angeklagten Pumpernig, Dr. Granig, Primosch, Ortner, Krumpl, Dr. Steinwender und Dr. Pieller haben in den Jahren 1941 – 1943 vor allem in Kärnten eine Organisation mit habsburgerisch-separatistischen Zielen ins Leben gerufen oder sich an diesen staatsfeindlichen Umtrieben als Mittäter beteiligt. Dabei haben Pumpernig, Dr. Granig […] auch staatsfeindliche Aufrufe hergestellt oder verbreitet oder sonst sich für diese Arbeiten zur Verfügung gestellt. […] Es werden verurteilt wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung: die Angeklagten Dr. Granig, Primosch, Ortner, Krumpl, Dr. Steinwender und Dr. Pieller zum Tode und Ehrenrechtsverlust auf Lebenszeit.“
Die zum Tod verurteilten Karl Krumpl, Wenzel Primosch und Ernst Ortner schmachteten und hofften in ihren Todeszellen, bis sie am 22. März 1945 von der SS herausgeholt und mit dem Fallbeil hingerichtet wurden.
Die übrigen fünf Märtyrer: Franz Bernthaler, Georg Kofler, Dr. Anton Granig, P. Dr. Angelus Steinwender und P. DDDr. Kapistran Pieller waren ob des nahen Kriegsendes voll Zuversicht, demnächst freizukommen bzw. befreit zu werden. Ihre Hoffnung war verfrüht und trügerisch. Am 5. April 1945 mussten sie zu zweit aneinandergekettet von Wien aus zu Fuß ihren Leidensweg über Stockerau nach Stein an der Donau antreten. In der Pfarrchronik von Eggendorf am Walde in Niederösterreich, wo diese erbarmungswürdige Todeskolonne durchzog, findet sich für den 8. April 1945 nachstehende Eintragung:
„Weißer Sonntag. Nachdem schon in der Osterwoche politische Häftlinge hier durchgetrieben worden waren, machte ein anderer Zug solcher Häftlinge aus dem Wiener Landesgericht hier Mittagsrast. Wegen Herannahens der Russen wurden die Häftlinge aus Wien über Stockerau-Maissau-Eggendorf-Schönberg nach Stein evakuiert. Unter den Häftlingen befanden sich ca. 50 zum Tode Verurteilte, die zwei zu zwei mit Handschellen gefesselt waren. Unter diesen Todeskandidaten befand sich auch der Franziskanerprovinzial P. Dr. Angelus Steinwender, der im Jahre 1938 hier Mission und 1942 die Einkehrtage gehalten hatte. (Sein Verbrechen soll angeblich Hochverrat sein.) P. Dr. Steinwender war mit Hochw. Herrn Dr. Granig, dem Direktor der St.-Josefs-Bruderschaft, zusammengefesselt. Unter den Todeskandidaten befand sich auch der Franziskanerguardian P. Dr. Kapistran Pieller.“
Und was die Pfarrchronik nicht vermerkt, weil sie die anderen nicht kannte: In diesem Todeszug befanden sich auch Franz Bernthaler und Georg Kofler.
„Die Habseligkeiten der Gefangenen und der sehr zahlreichen Wachmannschaften zogen“, vermerkt die Pfarrchronik weiter, „nicht zum Tode verurteilte Häftlinge auf kleinen Handwagen. […] Mit Erlaubnis des Transportleiters durfte Helene, des Pfarrers Wirtschafterin, P. Dr. Angelus Steinwender ein kleines Esspaket übergeben. Es war wahrscheinlich die letzte Liebesgabe in seinem Erdenleben. Bauern des Ortes stellten für den weiteren Transport Fuhrwerke zur Verfügung. P. Dr. Angelus Steinwender meinte beim Abschied: ‚Wenn wir nur den Kopf behalten, dann wird es schon gut.‘ Leider kam es anders. Am 15. April wurden sämtliche Todeskandidaten dieses Zuges in Stein paarweise erschossen.“ So die Pfarrchronik von Eggendorf am Walde.
Die Leichen wurden übrigens im rückwärtigen Hof der Strafanstalt Stein in einem Massengrab verscharrt. Bei der 1946 versuchten Exhumierung erwiesen sich die Leichen als derart verwest, dass das Erkennen bestimmter Personen unmöglich war.
Am 1. März 1948 wird einer der Denunzianten der AFÖ, der kaufmännische Angestellte und Gestapo-Spitzel Karl Rumersdorfer vom Wiener Strafgericht zu 10 Jahren Kerker und Vermögensverfall verurteilt.
Quellen: Liebmann, Maximilian/Schuschnigg, Heiner/Taus, Gerhard/Wolkerstorfer, Otto (2001): Für Staat und Kirche zum Tode verurteilt. Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreich (Wien); ANNO - Historische Zeitungen und Zeitschriften