Personelle Zusammensetzung und ihre Aktivitäten
von Maximilian Liebmann
Schon vor ihrer Benennung als „Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreichs“ hatte diese konspirative Widerstandsgruppe nicht wenige Akte des aktiven Widerstandes durch antinationalsozialistische Schmieraktionen und Flugzettelstreuung gesetzt und zugleich sich bemüht, ihre personelle Basis möglichst zu verbreitern. Bei ihrer quasi konstituierenden namensgebenden Sitzung Ende Februar/Anfang März 1942 in der Wohnung Granigs spannten die beiden Vertrauenspersonen Granig und Krumpl den Bogen der zu Erfassenden mit „alle gutgesinnten Österreicher“. Für die Finanzierung sollten die „österreichisch gesinnten Frauen, die gleichfalls zu erfassen wären, sowie gut situierte Gesinnungsfreunde Sorge … tragen“, was sich dann aber nicht so verwirklichen ließ. Dass der damalige Erzbischof von Salzburg, Andreas Rohracher, diese Widerstandsbewegung mit 200 RM unterstützte, kann aber als erwiesen gelten. Wie sehr sich Granig seiner Führerrolle bewusst war oder man sie ihm zubilligte, mag die Formulierung im Gestapo-Bericht erhellen:
„Den Pumpernig betraute Dr. Granig mit der Durchführung von Kurierdiensten für die AFÖ sowie mit der Beschaffung von Waffen für die Mitglieder des genannten Geheimbundes.“
Karl Krumpl, der zweite führende Kopf, ließ bei derselben Sitzung wissen, „dass er bereits mit einer unter Führung des ehemaligen Rechtsanwaltes Dr. Karl Wanner in Wien bestehenden Gruppe, sowie mit Marxisten in Bruck a.d. Mur Verbindung aufgenommen habe.“
Bald darauf traf man sich auf Granigs Anregung mit der Wiener Gruppe, die Wanner führte und die praktisch aus denselben Motiven dieselben Ziele verfolgte wie die AFÖ, in Wien I., Riemergasse 10 im Gasthaus des Franz Lambert. Im Gestapo-Bericht steht zu lesen:
„Auf Anregung des Dr. Anton Granig fand am 15. März 1942 im Gasthaus des Franz Lambert […] eine Besprechung zwischen den Kärntner Gesinnungsgenossen und der Gruppe des Dr. Karl Wanner statt. An dieser, unter dem Deckmantel einer Teilnahme an der zur selben Zeit in Wien abgehaltenen Sportfischertagung veranstalteten Zusammenkunft nahmen unter anderem Dr. Granig, Krumpl […] teil. Das Wort führte Krumpl. Er erklärte den anderen Anwesenden Zweck und Ziel der AFÖ und forderte sie auf, mit Gesinnungsfreunden in Fühlung zu treten, um sie zur Gruppenbildung zu veranlassen. Dabei bemerkte er, dass er bereits selbst solche Verbindungen hergestellt habe.“
Sowohl bei der Mitarbeiterwerbung wie auch in der Herstellung von Kontakten zu anderen Gruppen erwies sich der ehemalige Franziskanernovize und nunmehrige Unteroffizier der Luftwaffe von Klagenfurt-Annabichl, der schon mehrfach genannte Eduard Pumpernig, gleich erfolgreich wie aktiv. Er drängte darauf, dass die AFÖ keine lokale Angelegenheit bleiben dürfe, „sondern über die ganze Ostmark verbreitet werden“ solle. Pumpernig forcierte mit besonderem Nachdruck die Verbreitung der Basis nach links:
„Schließlich hat Pumpernig auch unverblümt zu Ausdruck gebracht, dass sein Zusammenschluss mit den „Roten“ unbedingt notwendig sei, um dem kommenden Chaos nach dem Zusammenbruch Deutschlands entgegentreten zu können. Durch den Anschluss an die „Roten“ sollen vor allem die Massen gewonnen werden“, so die Gestapo im Verhörbericht.
Die Funktionsteilung beider Gruppierungen, der klerikal-Schwarzen und der marxistisch-Roten sah Pumpernig laut Gestapo-Bericht so:
„[…] dass die „Schwarzen“ die Führung und die Intelligenz stellen werden, während die „Roten“ die Massen stellen sollten.“
Pumpernigs Aktivitäten reichten auch bis zu den Slowenen, so dass dem Oberreichsanwalt berichtet wurde:
„Pumpernig, der seine Pläne, so auch den Anschluss an führende Slowenen, mit einer Zähigkeit verfolgte, ließ nicht nach und versuchte durch Gegenleistungen […] doch eine Verbindung herzustellen.“
Die diversen Schmieraktionen, die die Kärntner Widerstandsbewegung schon durchgeführt hatte, hat Pumpernig seinen Wiener Freunden im Gasthaus Lambert, die deshalb Lamberti-Runde hieß, gutgläubig, offenherzig und voll Stolz erzählt. Diese scheinen darüber zwar hoch erfreut und beeindruckt gewesen zu sein, ohne sich jedoch zu analogen Aktionen aufraffen zu können. Offensichtlich war die AFÖ der Wiener Lamberti-Runde zu forsch, zu unvorsichtig und deshalb zu problematisch, was sich in den Gestapo-Berichten folgend liest:
„Als nun Pumpernig gelegentlich seiner zwei- bis dreimaligen monatlichen Dienstreisen nach Wien mit den dortigen „Genossen“ die Verbindung aufnahm und immer neue Pläne entwickelte und dabei auch eine immer regere Betätigung forderte, sahen sich die Wiener mehr oder weniger entlastet und blieben etwas im Hintergrund, d.h., sie dachten wohl selbst nunmehr weniger an eine aktive Betätigung durch Werbung von Mitgliedern oder Durchführung von gegnerischen Aktionen, sondern wollten lediglich die geistigen Köpfe bleiben und überließen die tatsächliche Arbeit der Kärntner Gruppe, vor allem Pumpernig, der mit Feuereifer an seine Arbeit heranging.“
Quelle: Liebmann, Maximilian/Schuschnigg, Heiner/Taus, Gerhard/Wolkerstorfer, Otto (2001): Für Staat und Kirche zum Tode verurteilt. Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreich (Wien)